#1

Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 15.11.2013 11:33
von Fritz7 • 687 Beiträge

Aus aktuellem Anlass:

Zitat von Lk3,3-14 Luth1912
Und er kam in alle Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung Sünden, 4 wie geschrieben steht in dem Buch der Reden Jesaja's, des Propheten, der da sagt: "Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des HERRN und macht seine Steige richtig! 5 Alle Täler sollen voll werden, und alle Berge und Hügel erniedrigt werden; und was krumm ist, soll richtig werden, und was uneben ist, soll schlichter Weg werden. 6 Und alles Fleisch wird den Heiland Gottes sehen."
7 Da sprach er zu dem Volk, das hinausging, daß sich von ihm Taufen ließe: Ihr Otterngezüchte (Schlangenbrut), wer hat denn euch gewiesen, daß ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet? 8 Sehet zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße und nehmt euch nicht vor, zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. 9 Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; welcher Baum nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und in das Feuer geworfen.
10 Und das Volk fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun? 11 Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Wer zwei Röcke hat, der gebe dem, der keinen hat; und wer Speise hat, der tue auch also. 12 Es kamen auch die Zöllner, daß sie sich taufen ließen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? 13 Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, denn gesetzt ist. 14 Da fragten ihn auch die Kriegsleute und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemand Gewalt noch Unrecht und laßt euch genügen an eurem Solde.



Zitat von Predigt am Bußtag
Wer soll denn heute noch predigen? Wer soll denn heute noch Buße predigen? Ist uns nicht
allen der Mund gestopft an diesem Tage? Können wir heute noch etwas anderes als nur
schweigen?
Was hat nun uns und unserem Volk und unserer Kirche all das Predigen und
Predigthören genützt, die ganzen Jahre und Jahrhunderte lang, als dass wir nun da angelangt
sind, wo wir heute stehen? Was muten wir Gott zu, wenn wir jetzt zu ihm kommen und singen
und die Bibel lesen, beten, predigen, unsere Sünden bekennen, so, als sei damit zu rechnen,
dass Er noch da ist und nicht nur ein leerer Religionsbetrieb abläuft! Ekeln muss es ihn doch
vor unserer Dreistigkeit und Vermessenheit. Warum schweigen wir nicht wenigstens? Ja, es
wäre vielleicht das Richtigste, wir säßen heute hier nur schweigend eine Stunde lang
zusammen, wir würden nicht singen, nicht beten, nicht reden, nur uns schweigend darauf
vorbereiten, dass wir dann, wenn die Strafen Gottes, in denen wir ja schon mitten drin stecken,
offenbar und sichtbar werden, nicht schreiend und hadernd herumlaufen: wie kann Gott so
etwas zulassen? – ach, wie viele von uns werden’s dann ja tun und in ihrer Blindheit keinen
Zusammenhang sehen zwischen dem, was Gott zulässt, und dem, was wir getan und
zugelassen haben. …



Was meint ihr?
Kann Schweigen HEUTE angemessendste "Predigt" sein, glaubwürdigster Bußruf,
zerreden immer gleichtemperierte kuschelige, wohlfühlen erhaltende Verkündigungs-Worte
nicht auch viel, verbreiten wenig mehr als Orientierungslosigkeit, Alleinlassen der Gemeinde?
Woher der Konsens, möglichst nicht zu "verstören"?

Oder haben Menschen sonntags bei (seltenen) Gottesdienst-Besuchen Anspruch auf ansprechend Aufbauendes?


Fritz


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
Altes Brot ist nicht hart, gar kein Brot - das ist hart!

zuletzt bearbeitet 15.11.2013 11:57 | nach oben springen

#2

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 15.11.2013 12:38
von Herminehedvig • 93 Beiträge

Ich denke, Menschen in Gottesdiensten haben ein Anrecht darauf ernst genommen zu werden. Das heißt, dass gesellschaftliche Probleme angesprochen werden müssen, nicht nur die allgemein politischen sondern gerade auch die vor Ort. Also womit haben die Menschen ganz unmittelbar zu tun, wovon sind sie betroffen, welche Themen liegen für sie an oberster Stelle. Dazu muß man seine Gemeinde kennen, sich umgehört und umgesehen haben, zwischen und mit den Menschen leben und sich keine Parallelwelt aufbauen, sondern Gott mit dem, was rund herum geschieht in der Predigt in Verbindung bringen, bzw aufzeigen worin wir Gottes Wirken und Dasein zwischen uns ganz konkret und direkt erkennen . Dies infantile Sprechen, auf das man leider in Gottesdiensten manchmal trifft, ist unglücklich, weil sich dadurch so mancher nicht ernst genommen fühlt und den Eindruck erhält, es handele sich um eine Veranstaltung für Kinder.

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#3

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 15.11.2013 13:42
von Fritz7 • 687 Beiträge

Zitat von Herminehedvig im Beitrag #2
Menschen in Gottesdiensten haben ein Anrecht darauf ernst genommen zu werden.
Ja, alle Menschen und überall in Kirche ... sogar, wenn sie gar nicht auf die Gemeinschaft zugehen wollen, es allen Anderen richtig schwer machen ... Aber fangen da nicht schon die Überforderungen an? Geht das überhaupt ... und wie dann? Sind die Kompromisse dann nicht schon wieder Halbheit, eben nicht so ganz ernstnehmen? Sind Menschen (auch christliche) nicht immer so ...? Und wem wäre das vorzuwerfen?

Zitat von Herminehedvig im Beitrag #2
Das heißt, dass gesellschaftliche Probleme angesprochen werden müssen, nicht nur die allgemein politischen sondern gerade auch die vor Ort. Also womit haben die Menschen ganz unmittelbar zu tun, wovon sind sie betroffen, welche Themen liegen für sie an oberster Stelle.
U.U. programmiert das den schönsten unvermeidlichen internen Gemeindestreit vor, weil immer im ungünstigen Fall sich die Hälfte vor den Kopf gestoßen, unverstanden und ungerecht nicht ernst genommen vorkommen ... Rundherum alle befriedigende Lösungen dazu habe ich auch keine ... Vernebelndes Verharren im Allgemeinen und pers. Distanz kanns auch nicht immer sein ...

Zitat von Herminehedvig im Beitrag #2
Dazu muß man seine Gemeinde kennen ...
, Das kann man imho für die allermeisten besseren Pastoren/ Prediger als gesichert unterstellen, viel besser Gemeinde zu "kennen" als die Mehrzahl der Gemeindeglieder, sogar ohne Zuträger, Geheime Informanten und Denunzianten ... Es ist eben auch ihre Profession ... auch das Erfahrene nicht zu missbrauchen oder drüber zu "schwätzen". Gottesdienst ist imho auch nicht der Ort für persönliches individuelles Abrechnen oder Aufrechnen oder gar Vorführen Einzelner ...
Zitat von Herminehedvig im Beitrag #2
Dies infantile Sprechen, auf das man leider in Gottesdiensten manchmal trifft, ist unglücklich, weil sich dadurch so mancher nicht ernst genommen fühlt und den Eindruck erhält, es handele sich um eine Veranstaltung für Kinder.
Tscha, dazu mag ich nun nix mehr sagen, vergleiche kundigere Ausführungen zur Didaktik von Kreuzpatsch ...

Aber was bedeutet "Ernstnehmen" ganz konkret, z.B. für die eingangs zitierte Predigt am Bußtag?

Fritz


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
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zuletzt bearbeitet 15.11.2013 13:51 | nach oben springen

#4

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 15.11.2013 16:59
von Herminehedvig • 93 Beiträge

In der Predigt heißt es ja, man solle lieber schweigen als reden. Also in die Kirche kommen um zu schweigen, kein singen, kein sprechen, nichts. Ich würde nicht hingehen. Wozu?
Ich bin zwar niemand, der viel und gern redet, aber ich erwarte eine Predigt im Gottesdienst, der ich dann auch aufmerksam zuhöre und ich mache mir meine Gedanken dazu. Wenn allerdings der Predigttext derart vereinfacht wird, dass ich mich schon wie im Kindergarten fühle und völlig unterfordert bin, macht es keine Freude. Dann habe ich allenfalls noch etwas durch den Gesang, die ausgesuchten Lieder. Wenn aber auch da wieder nur die vom Text und Melodie einfachsten ausgesucht wurden, möchte ich nur noch abbrechen und nach Hause gehen.
In dieser angefangenen Predigt wird es einem unwohl, die möchte ich gar nicht zu Ende hören. So schlecht ist unsere Welt denn nun doch nicht. Und das Bild des strafenden Gottes schon jetzt ist mir zuwider, entspricht nicht meinem Glauben. Mir dreht sich sogar der Magen um, wenn ich das lese, gott ekelt sich, wenn wir singen und beten. Ja, was ist das für ein vermessener Prediger? Er glaubt ja noch nicht mal an Gott, wenn er schreibt:"so, als sei noch damit zu rechnen, dass Er noch da ist". Dieser Prediger sollte lieber schweigen als gotteslästerlich aufzutreten.


zuletzt bearbeitet 15.11.2013 17:03 | nach oben springen

#5

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 16.11.2013 12:10
von kreuzpatsch • 423 Beiträge

Zitat von Fritz7 im Beitrag #1

Zitat von Predigt am Bußtag
Wer soll denn heute noch predigen? Wer soll denn heute noch Buße predigen? Ist uns nicht
allen der Mund gestopft an diesem Tage? Können wir heute noch etwas anderes als nur
schweigen?


Was meint ihr?
Kann Schweigen HEUTE angemessendste "Predigt" sein, glaubwürdigster Bußruf,
zerreden immer gleichtemperierte kuschelige, wohlfühlen erhaltende Verkündigungs-Worte
nicht auch viel, verbreiten wenig mehr als Orientierungslosigkeit, Alleinlassen der Gemeinde?
Woher der Konsens, möglichst nicht zu "verstören"?

Oder haben Menschen sonntags bei (seltenen) Gottesdienst-Besuchen Anspruch auf ansprechend Aufbauendes?


Nein, ich halte Schweigen nicht für eine angemessene Predigt - und auch nicht für eine angemessenen Buße.
Die Alternative - Schweigen oder Wohlfühlberieselung - halte ich doch für sehr "konstruiert". So als ob reden in der Kirche immer "Wohlfühlberieselung" wäre. Dazu mag es eine Tendenz geben, aber meiner Erfahrung nach macht das deshalb noch lange nicht jede(r) PastorIn. Das Evangelium - und desssen Auslegung - mutet uns immer die Spannung zwischen "Anspruch" und "Zuspruch" zu, ist immer Anspruch und Zuspruch zugleich. Mag sein, dass Evangelische Theologie (schon in ihren grundlegenden Schriften) die Tendez hat, den Zuspruch stärker zu gewichten... schade, wenn das zur "Wohlfühlberieselung" verkommt.
Eine Bußpredigt muß vielleicht den "Anspuch" mehr in den Blick nehmen - und "bekennen", wo wir diesem nicht gerecht geworden sind.
Dafür gibt es evangelischerseits duchaus Vorbilder wie z. B. das Stuttgarter Schuldbekenntnis (http://www.ekd.de/glauben/bekenntnisse/s...erklaerung.html)
...aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.


Vielleicht ist es mal wieder Zeit für solche klaren Worte?! - Und vielleicht kann so die Gemeinde auch ernst genommen, vielleicht sogar beteiligt werden?!

kreuzpatsch

P.S.

Zitat von Predigt am Bußtag
... Was muten wir Gott zu, wenn wir jetzt zu ihm kommen und singen
und die Bibel lesen, beten, predigen, unsere Sünden bekennen, so, als sei damit zu rechnen,
dass Er noch da ist und nicht nur ein leerer Religionsbetrieb abläuft! Ekeln muss es ihn doch
vor unserer Dreistigkeit und Vermessenheit. . …


Hm, diese Aussage finde ich schwierig...wiederspricht sie doch dem evanglisch geglaubten, bedingungslos liebenden, Gott?!


zuletzt bearbeitet 16.11.2013 12:12 | nach oben springen

#6

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 16.11.2013 23:36
von kreuzpatsch • 423 Beiträge

Fritz! nun stelle ich aber mal weitere Gedanken von Gollwitzers Predigt am Predigt am Bußtag, 16. November 1938, in
Berlin-Dahlem hier ein:

Wer Gott gegenüber seine Schuld nicht mehr eingestehen kann, der kann sie auch bald den
Menschen gegenüber nicht mehr eingestehen. Da beginnt dann der Wahnsinn, der
Verfolgungswahn, der den anderen verteufeln muss, um sich selbst zu vergöttern. Wo die
Buße aufhört, ist es auch mit der Humanität zu Ende, da muss die Gemeinschaft zerbrechen…
„Ihr Otterngezücht!“ – so wird ein ganzes Volk angeredet. Würde der Täufer Johannes heute
den gleichen Ruf erheben, so würde er wahrscheinlich als Landesverräter verschrien und
sicher würde sich in der evangelischen Kirche eine Einheitsfront finden, die ihn als
Volksschädling und als Schädling der Kirche verurteilt und die Beziehungen zu ihm
abbricht…Es steckt ja in uns allen, dass man erleben kann, wie biedere Menschen sich auf
einmal in grausame Bestien verwandeln; wir sind alle daran beteiligt, der eine durch die
Feigheit, der andere durch die Bequemlichkeit, die allem aus dem Wege geht, durch das
Vorübergehen, das Schweigen, das Augenzumachen, durch die Trägheit des Herzens…
Was sollen wir denn tun? Zur Antwort rückt dir der Täufer Johannes im Augenblick der
Vergebung deinen Nächsten vor die Augen… er hat nicht, was du hast. Du hast zwei Röcke,
er hat keinen, – du hast zu essen, er hat nichts mehr, - du hast Schutz, er ist schutzlos, - du
hast Ehre, ihm ist sie genommen, - da hast Familie und Freundschaft, er ist vereinsamt, - du
hast noch etwas Geld, er hat keins mehr, - du hast ein Dach überm Kopf, er ist obdachlos.
Außerdem ist er dir noch ganz preisgegeben, deiner eigennützigen Gewinnsucht (erkenne dich
im Beispiel der Zöllner!) und deinem Machtgefühl (erkenne dich heute im Beispiel des
Soldaten!) … Nun wartet draußen unser Nächster, Not leidend, ehrlos, hungernd, gejagt und
umgetrieben von der Angst um seine nackte Existenz, er wartet darauf, ob heute die
christliche Gemeinde wirklich einen Bußtag begangen hat. Jesus Christus wartet darauf!
Quelle: Zuspruch


Gollwitzer bleibt nicht beim Verstummen stehn sondern formuliert aus der Buße/Vergebung den Anspruch, sich dem Nächsten zuzuwenden. So wird dann für Bonhoeffer das Bibelwort "Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind.“ (Spr 31,8)" ein Kriterium des Kirche-Seins.

lg kreuzpatsch

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#7

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 17.11.2013 12:14
von Fritz7 • 687 Beiträge

Hallo Kreuzpatsch

Zitat von kreuzpatsch im Beitrag #5
Nein, ich halte Schweigen nicht für eine angemessene Predigt - und auch nicht für eine angemessenen Buße.
Die Alternative - Schweigen oder Wohlfühlberieselung - halte ich doch für sehr "konstruiert". So als ob reden in der Kirche immer "Wohlfühlberieselung" wäre. Dazu mag es eine Tendenz geben, aber meiner Erfahrung nach macht das deshalb noch lange nicht jede(r) PastorIn.
Ja, eigentlich haben ja Andere innerhalb und außerhalb von Kirche schamhaft, beschämt oder einfach feige oder gedankenlos geschwiegen. "Unser" Prediger thematisiert ja das Schweigen und redet danach bemerkenswert gerade heraus, vermutlich in allen Zeiten die Ausnahme, unter Diktatur noch besonders. Nein, ganz gewiss nicht alle und jedeR ... aber imho doch viel zu oft die eher leisen, verbindlichen, um Zustimmung und Konsenz werbenden Predigttöne, in der Theologie & Predigt der Frauen vielleicht noch verstärkt. Es predigt da ja nie eine Predigt selbst und anonym, es gehören jedesmal eine Gemeinde und ein Predigerin mit jeweils eigenen Persönlichkeitsstrukturen, religiösen, politischen und gesellschaftlichen Präferenzen dazu und bisweilen auch das Bedürfnis, nicht ins Abseits, an den Pranger zu geraten, akzeptiert in der Mitte der Gemeinschaft zu bleiben und Kirchen auch nicht fahrlässig leer zu predigen, in dem man zu viele "verstört" gegen ihr eigenes Weltbild. ... auch wenn dabei neben allem Anspruch auch der meiste Zuspruch in Gefahr gerät, verloren zu gehen. Selbstverständlich, dass es neben schwarz und weiß das meiste dazwischen im getönten Grau gibt ...

Ich habe zunehmend mehr Sympatie /Verständnis für jenen damals noch neuen Gemeindepfarrer in sehr konservativer Dorfgemeinde dicht an ehemals deutsch/deutscher Grenze, der zum Entsetzen/ Widerspruch seines Kirchenvorstandes just für den Volkstrauertag alias Heldengedenktag (zweitletzter Sonntag des Kirchenjahres) seinen freien Tag/ Urlaub nahm, vermutlich einiges leichter als am Kriegerdenkmal zu schweigen oder unmissverständlich biblischen Anspruch evt. gegen die Befindlichkeit und politische Prägung aller zu formulieren ... und danach dazu zu stehen.
Zitat von kreuzpatsch im Beitrag #5
Das Evangelium - und desssen Auslegung - mutet uns immer die Spannung zwischen "Anspruch" und "Zuspruch" zu, ist immer Anspruch und Zuspruch zugleich.
Helmut Gottwitzer: Zuspruch und Anspruch : Predigten : München (Kaiser) 1954, S36 ff
Da steht die ganz Predigt ... gehalten gestern vor 75 Jahren von dem damaligen Hilfsprediger Helmut Gollwitzer, von Martin Niemöller als theologischen Berater nach Berlin-Dahlem geholt, einem Zentrum der "Bekennenden Kirche". Die Predigt hat Nachhall in vielen späteren meist Nachkriegs-)Predigten zitiert erhalten, z.B in der vom damaligen EKD-Ratsvorsitzenden und Berliner Landesbischof Prof.Dr.Wolfgang Huber, Predigt am 20.11.2002
Zitat von kreuzpatsch im Beitrag #5
Dafür gibt es evangelischerseits duchaus Vorbilder wie z. B. das Stuttgarter Schuldbekenntnis (http://www.ekd.de/glauben/bekenntnisse/s...erklaerung.html)

Großes Grummel: Willst Du provozieren oder mich auf die Schippe nehmen oder ein landeskirchliches Beispiel für " vereinfacht, nivelliert oder ignoriert / seltsam "geschichtslos" und unreflektiert" präsentieren? Für mich ist das Stuttgarter Schuldbekenntnis mehr Schwarze Folie, exemplarisch abschreckende abgepresste, peinlich unglaubhafte geheimes kirchendiplomatisches Signal ans Ausland, um selbst wieder akzeptiertes Mitglied außerdeutscher Kirchengemeinschaft zu werden ... und damit auch Zugang zu Hilfslieferungen Ausländischer Kirche zu ermöglichen. Die kritische Resonanz ist bis heute eigentlich verheerend, auch wenn die kirchendiplomatischen Ziele erreicht wurden. Die Veröffentlichung war eigentlich ein Betriebsunfall, die Erklärung war nur intern für den WKR bestimmt, nicht für die deutsche Öffentlichkeit. Sowas als Vorbild anbieten zu wollen, erscheint mir dreist verfälschend und extrem geschichtslos. Es gab glaubwürdigere persönliche Schuldbekenntnisse, meist nicht zum Vorteil der Bekennenden, eher als Karrierehindernis. ... nur redet heute über die niemand mehr ...



Zitat von kreuzpatsch im Beitrag #5

Zitat von Predigt am Bußtag
... Was muten wir Gott zu, wenn wir jetzt zu ihm kommen und singen
und die Bibel lesen, beten, predigen, unsere Sünden bekennen, so, als sei damit zu rechnen,
dass Er noch da ist und nicht nur ein leerer Religionsbetrieb abläuft! Ekeln muss es ihn doch
vor unserer Dreistigkeit und Vermessenheit. . …

Hm, diese Aussage finde ich schwierig...wiederspricht sie doch dem evanglisch geglaubten, bedingungslos liebenden, Gott?!


Tscha, das Sprachbild vom liebenden Gott ... ist doch nicht das einzige gültige Gottesbild (hoffentlich) und es beinhaltet keinen, alles gleichmäßig gutheißenden Gott - das wäre doch eher ein abgewandter gleichgültiger Gott. Auch ein bedingungslos liebender Gott kann sanktionieren ... und könnte auch anthromorph entsetzt sein, was die Kinder da allein anrichten, die Erde zurichten ... Wie menschliche bedingungslos liebende Eltern vermutlich ebenso ...

Fritz


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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zuletzt bearbeitet 17.11.2013 12:31 | nach oben springen

#8

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 17.11.2013 14:55
von kein Name angegeben • ( Gast )
avatar

Ist die angefangene Bußpredigt dieselbe, die hier von Gollwitzer steht? Das ist mir nicht klar geworden. hat golwitzer seine Predigt so begonnen wie es oben steht, im ersten Beitrag dieses strangs?

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#9

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 17.11.2013 15:17
von Fritz7 • 687 Beiträge

Zitat von Gast im Beitrag #8
Ist die angefangene Bußpredigt dieselbe, die hier von Gollwitzer steht?
Ja!
http://www.asf-ev.de/fileadmin/scripts/d...redigt_1938.pdf


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
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#10

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 17.11.2013 15:18
von kreuzpatsch • 423 Beiträge

Zitat von Gast im Beitrag #8
Ist die angefangene Bußpredigt dieselbe, die hier von Gollwitzer steht? Das ist mir nicht klar geworden. hat golwitzer seine Predigt so begonnen wie es oben steht, im ersten Beitrag dieses strangs?


Ja, es ist die selbe.

lg kreuzpatsch

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#11

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 17.11.2013 15:57
von Herminehedvig
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okay, dann steh ich ja mit meiner anfangs geäußerten Kritik ganz dumm da. Ich fühle mich wie jemand den man absichtlich ins Messer laufen läßt. So macht es mir hier keine Freude, ich empfinde Demütigung und möchte nicht mehr mit euch zusammen sein.

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#12

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 17.11.2013 23:38
von Fritz7 • 687 Beiträge

Hallo Herminehedvig

Zitat von Gast im Beitrag #11
okay, dann steh ich ja mit meiner anfangs geäußerten Kritik ganz dumm da.
Nöö, wieso? zum Zeitpunkt der Predigt war Gollwitzer noch ein Jungspucht, ein theologischer Nobody ... Was meinst du, wieviele der 500 Gottesdienstbesucher ähnliche Gedanken gehabt haben könnten wie du?
Und hättest du mit der gleichen Unbefangenheit geschrieben, wenn ich alle Infos vorher ausgebreitet hätte? Du hast neben Kreuzpatsch als einzige den Mut gehabt, zu kritisieren .... und niemand hat dich danach deswegen madig gemacht. Prediger allesamt toll zu finden, dazu gehört KEINE Zivilcourage. Respekt dafür, auch wenn ich nicht alles blind unterschreiben würde, was du angemerkt hast ... Aus meiner Sicht bist du niemandem und nichts ins Messer gelaufen, weder absichtlich noch unbeabsichtigt .... Von Demütigung keine Spur. Ich war allen gegenüber so fair wie mir möglich schien ohne die Diskussion vorzumanipulieren ...

Also kühl mal erst mal ab und dann überleg dir die Reaktion nochmal ... Ich bin erst jetzt wieder in Tastaturnähe gekommen ... konnte also schwer vorher reagieren.

Fritz


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
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#13

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 18.11.2013 18:45
von A. Clarenbach • 348 Beiträge

Hallo Herminhedvig,

so wie du es ausdrückst, klingt es so, als ob dir da speziell eine Falle gestellt wurde. Wir wurden aber alle im Dunkeln gelassen.

Viele Grüße

Andrea


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#14

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 19.11.2013 09:40
von Herminehedvig • 93 Beiträge

Mag sein, aber da doch einige von euch professionell mit Kirche zu tun haben, sind da vielleicht auch mehr Kenntnisse im Vorwege, so dass bestimmt Zitate, Textauszüge etc bekannt sind. Gut, meine Schuld, ich hätte ja einfach die Klappe halten können. Dann sind wir bei der beliebten Stelle, an der es immer heißt, den eigenen Anteil zu suchen und natürlich auf jeden Fall zu finden.

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#15

RE: Anfang einer Bußtagspredigt (eine prominente eines Prominenten in prominenter Kirche noch dazu ...)

in Austausch zu Andachten und Gebet 19.11.2013 15:32
von kreuzpatsch • 423 Beiträge

Zitat von Herminehedvig im Beitrag #14
Mag sein, aber da doch einige von euch professionell mit Kirche zu tun haben, sind da vielleicht auch mehr Kenntnisse im Vorwege, so dass bestimmt Zitate, Textauszüge etc bekannt sind..


Liebe Hermine,

mir war der Text nicht bekannt. Da Fritz aber geschrieben hatte, dass es eine prominente Predigt von einem prominenten Prediger ist, bin ich irgendwann auf die Idee gekommen den Satz "Können wir heute noch etwas anderes als nur schweigen?" mal zu googlen.... und siehe da: damit habe ich die entsprechende Predigt von Gollwitzer gefunden. Mich hat dabei fasziniert, wie aktuell diese Predigt ist. Sie könnte auch zu den heutigen menschlichen Katastrophen wie z. B. dem Flüchtlingsdrama in Lampedusa geschrieben sein. Das macht doch eigentlich die Frage: "Was hat nun uns und unserem Volk und unserer Kirche all das Predigen und
Predigthören genützt, die ganzen Jahre und Jahrhunderte lang, als dass wir nun da angelangt sind, wo wir heute stehen?"
um so dringender - und die Betroffenheit/Scham beibt.

lg
kreuzpatsch

noch was zum Schmunzeln:
Gerne werden Konfirmationspredigten mit folgendem Zitat eröffnet:

Die Jugend liebt heutzutage den Luxus.
Sie hat schlechte Manieren,
verachtet die Autorität,
hat keinen Respekt vor den älteren Leuten
und schwatzt, wo sie arbeiten sollte.


... das ist auch kein aktueller Text, sondern stammt von Sokrates (449 - 399 v. Chr.).


zuletzt bearbeitet 19.11.2013 15:33 | nach oben springen


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