#16

RE: nach dem Kirchentag ist vor dem Kirchentag

in Was nicht so recht passen will... 27.05.2013 17:34
von A. Clarenbach • 348 Beiträge
Zitat Jan:
"Das Zusammenraffen von immer mehr. Erkennen, wann es genug ist, und dann einfach aufhören zu sammeln - das müssen wir lernen."

So abstrakt formuliert klingt das erst einmal gut. Nur wird das "zu viel" sehr individuell definiert. Ist das Einfamilienhäuschen zu viel? Oder schon die 45-qm-ETW? Sind 2.000 Euro brutto im Monat schon zu viel oder wird es erst ab 8.000 Euro p.m. kritisch? Gegenwärtig würde ich bei der Beantwortung solcher Fragen auch nicht den EU-Politikern in die Hände spielen wollen, die nach dem zypriotischen Modell ja jeden enteignen wollen, der mehr als 100.000 Euro auf der Bank hat.

Gruß

Andrea

nach oben springen

#17

RE: nach dem Kirchentag ist vor dem Kirchentag

in Was nicht so recht passen will... 27.05.2013 22:37
von kreuzpatsch • 423 Beiträge

Hallo Ihr,

Zitat von Ria im Beitrag #13
Hallo alle miteinander,
Und zum Kirchentag wurde ich erstmal intensiv angeregt darüber nachzudenken, was ich W i r k l i c h brauche. Und siehe da, ich merkte, dass ich mit weniger auskomme, dass ich auch fröhlich und zufrieden sein kann, ohne alles haben zu müssen. So überlege ich jetzt genauer, ob alles das unbedingt sein muss, was ich will.


Zitat von jzuurmans im Beitrag #14

ich finde aber, das darf nicht dazu führen, dass aus dem Verzichten eine Sportart gemacht wird, denn dann wird die Manna-Geschichte genau ins Gegenteil verkehrt. ...
Die Übertragung in unsere Zeit ist nicht die Auf-was-kann-ich-alles-verzichten-Liste (die wird sehr lang, und am Ende verzichten wir vor allem auf eins: Lebensfreude).

Zitat von Fritz7 im Beitrag #15

Ja, Jan, die Heroisierung, Aestetisierung, Spiritualisierung, Heiligsprechung des Mangels und des Leidens, Verzichts, (Askese, Enthaltsamkeit)moralisch oder theologisch überhöhte materielle Bedürfnislosigkeit zugunsten postmortaler Fleißkärtchen bringen auf einen eigentlich nicht gemeinten Seitenpfad, eine Verfälschung. Freudlosigkeit ist KEIN Ziel! Christliche Verzichts-&Leidensästetik eine ANDERE Baustelle!....
Andererseits macht mir der (vielleicht nur reingeheimniste) Unterton in deinem Statement Bauchschmerzen, dass Lebens-Freude/Spass/Genuss automatisch durch immer mehr (oft ungenutzten) Besitz, mehr oder mindestens gleichviel als/wie meine Nachbarn gewährleistet sei, dass nicht auch Mühen, Leiden und Belastungen damit verbunden wären (sein können).


Zitat von A. Clarenbach im Beitrag #16
Ist das Einfamilienhäuschen zu viel? Oder schon die 45-qm-ETW? Sind 2.000 Euro brutto im Monat schon zu viel oder wird es erst ab 8.000 Euro p.m. kritisch?



ich finde diese Diskussion äußerst spannend! ...ich denke. es gibt auf die Frage "Was brauche ich (wirklich) zum Leben" keine einfachen Antworten. Ich möchte hier mal den Begriff "Verantwortung" ins Spiel bringen: Wem gegenüber bin ich verantwortlich wie ich mit (meinen) Resourchen umgehe? Nur mir gegenüber? Meiner Familie? Der ganzen Welt? Sowohl als auch? Was "verantwortlicher Umgang mit Resourcen" ist, muss man wohl in jeder Situation neu überdenken.
Mir gefällt die Geschichte St. Martin gut: er teilt den Mantel und gibt die Hälte weg. - weil es keinen Sinn macht, dass er erfriert damit der Bettler gerettet ist.

lg
kreuzpatsch


zuletzt bearbeitet 27.05.2013 22:37 | nach oben springen

#18

RE: Was ich wirklich brauche ...

in Was nicht so recht passen will... 04.06.2013 08:51
von jzuurmans • 144 Beiträge

Zitat von A. Clarenbach
So abstrakt formuliert klingt das erst einmal gut. Nur wird das "zu viel" sehr individuell definiert. Ist das Einfamilienhäuschen zu viel? Oder schon die 45-qm-ETW? Sind 2.000 Euro brutto im Monat schon zu viel oder wird es erst ab 8.000 Euro p.m. kritisch? Gruß Andrea


Hi Andrea,
klar ist das individuell. Zuviel wirds meiner Meinung nach da, wo ich mehr mit dem Verwalten und Vermehren meines Besitzes beschäftigt bin als mit der sinnvollen Verwendung. Diese Grenze kann man nicht eindeutig definieren, aber ich denke, man fühlt es, wenn man sie überschritten hat.

Dazu fällt mir Marius Müller-Westernhagen ein:
"Ich hab n Luxusauto,
ich hab ne tolle Wohnung,
doch was mir fehlt,
ja, was mir fehehehehehlt,
das ist ne richtige Dröhnung ..."

Gruß,
Jan

nach oben springen

#19

RE: Was ich wirklich brauche ...

in Was nicht so recht passen will... 07.06.2013 22:02
von Tarantoga • 413 Beiträge

Hallo Ihr,

wenn ich die Bilder vom Hochwasser sehe und in Betracht ziehe, wieviele (mal wieder) vor dem Nichts stehen, dann bekommt die Frage nach dem "soviel du brauchst" einen anderen Klang.
Mir klingt es sehr nach: was brauchst DU?
Es ist mir wie ein Perspektivwechsel weg von dem, was ich brauche (oder zu brauchen meine) hin zu dem, was der/die Andere (mein Gegenüber) braucht. Und mal nicht in der Selbstbeschränkung sondern im Blick auf wirklich lebensnötiges. Insofern ist Kreuzpatschs Einwurf von der Verantwortung m. E. weiterführend.

Gruß
Tarantoga

nach oben springen

#20

RE: Was ich wirklich brauche ...

in Was nicht so recht passen will... 08.06.2013 09:50
von Fritz7 • 687 Beiträge

Hallo Tarantoga,

Zitat von Tarantoga im Beitrag #19

wenn ich die Bilder vom Hochwasser sehe und in Betracht ziehe, wieviele (mal wieder) vor dem Nichts stehen, dann bekommt die Frage nach dem "soviel du brauchst" einen anderen Klang.
Hmm, daran musste ich die letzten Tage auch denken ... unter an die Unterschiede, nicht nur zu den nicht flutgeschädigten, sondern auch zwischen Süd und Ost. Ich vermute, dass dank Wahlsituation und reichem Staat Bayern, die allermeisten Hilfmittel des Bundes nach Bayern /B-W fließen, weil diese Länder problemlos ihre 50% Zufinanzierung locker machen.
Im Osten werden die eh gestressten sächsiche (brandenburgischen/Sachs-Anh. Staatskassen weniger Hilfen hergeben und weiterhin auch weniger Flutvorsorgen - Schutzbauwerke. Ob bei der Perspektive weitere Menschen wegziehen, ihre verbliebene immobile Habe aufgeben, scheint mir wahrscheinlich. Die vielleicht mal blühenden ländlichen Landschaften werden immer weniger durch JÜNGERE Menschen "gestört" ... Ob das richtig wird?
Und da ist es denn auch wieder, das Zumessen und Zuwerten ANDERER, wie hoch der Bedarf ist (an Hilfen). Eine böse Falle ...

Andererseits, es ist stehende Redewendung: "vor dem Nichts stehen", steht ja kaum jemand. Es bleibt trotz allem viel mehr als die meisten Menschen auf der Welt je haben werden. Der Arbeitsplatz, das eigene Leben und das der Angehörigen, die staatlich garantierte Grundsicherung: Jeder wird ganz schnell ein Dach über dem Kopf haben, qualitativ gute Kleidung, Lebensmittel. Die in Hamburg gestrandeten aus Italien kommenden Asylanten haben dies nicht .... Das Schlimme scheint mir nicht das Nichts, sondern der Verlust des Gehabten, das durch externe Gewalt ZurückgeworfenSein gegenüber den eigenen Standards, auch gegenüber dem, was anderen Erhalten blieb´. Das könnte als frustierender wahrgenommen werden, als wenn alle Menschen gleichwertig "NICHTS" hätten.

Zitat von Tarantoga im Beitrag #19
Mir klingt es sehr nach: was brauchst DU?
Es ist mir wie ein Perspektivwechsel weg von dem, was ich brauche (oder zu brauchen meine) hin zu dem, was der/die Andere (mein Gegenüber) braucht. Und mal nicht in der Selbstbeschränkung sondern im Blick auf wirklich lebensnötiges. Insofern ist Kreuzpatschs Einwurf von der Verantwortung m. E. weiterführend.


Ich habe damit dauerhafte Schwierigkeiten, ein permanentes UnwohlSein. Diese dünnlippigen (verbissenen), leidend guckenden Protestanten, denen die ständige Frage, was ihnen zusteht, sich zu nehmen, die Lebensfreude und manchmal auch die Gesundheit nimmt. Ich fürchte, das ist kein guter einziger Lösungsansatz des Zusammenlebens. VERANTWORTUNG ohne konkrete Anwendungssituation scheint mir zu abgehoben, letztendlich spontanes Helfen verhindernd, eine aufrechte Haltung/ Gesinnung wohl auch ...
Natürlich weiß ich, dass ich die "Welt NICHT retten" kann, nicht mal merklich bessern. Aber wenn mein Nächster (Gegenüber) (mit dem ichs gerade zu tun habe) NOT leidet, will sagen, das, was er für das hält, was und wieviel er braucht, dann versuche ich etwas abzugeben, soweit und wie ich vermag. Das hat für mich NICHTS damit zu tun, ob ichs für mich für erstrebenswert, lebensnotwendig oder sinnvoll halte, ob ich gar selbst weniger hätte ...

MfG
Fritz


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
Altes Brot ist nicht hart, gar kein Brot - das ist hart!

zuletzt bearbeitet 08.06.2013 09:54 | nach oben springen

#21

RE: Was ich wirklich brauche ...

in Was nicht so recht passen will... 09.06.2013 19:18
von Tarantoga • 413 Beiträge

Hallo Fritz

Zitat von Fritz7 im Beitrag #20

Andererseits, es ist stehende Redewendung: "vor dem Nichts stehen", steht ja kaum jemand. Es bleibt trotz allem viel mehr als die meisten Menschen auf der Welt je haben werden. Der Arbeitsplatz, das eigene Leben und das der Angehörigen, die staatlich garantierte Grundsicherung: Jeder wird ganz schnell ein Dach über dem Kopf haben, qualitativ gute Kleidung, Lebensmittel.
Die in Hamburg gestrandeten aus Italien kommenden Asylanten haben dies nicht .... Das Schlimme scheint mir nicht das Nichts, sondern der Verlust des Gehabten, das durch externe Gewalt ZurückgeworfenSein gegenüber den eigenen Standards, auch gegenüber dem, was anderen Erhalten blieb´. Das könnte als frustierender wahrgenommen werden, als wenn alle Menschen gleichwertig "NICHTS" hätten.



kann wirklich das eine gegen das andere aufgerechnet werden?
ja, die Redewendung von dem "Nichts" trifft es nicht wirklich.
Viele von denen, die zum wiederholten Mal getroffen wurden, haben noch Schulden vom letzten Mal und konnten sich die erhöhte Versicherung nicht mehr leisten, da ist ein Minus, also weniger als Nichts. Nebenbei bemerkt soll ein Teil der Hilfen in Form von Krediten an Unternehmen "möglichst unbürokratisch" ausgezahlt werden, aber ein Kredit muß mit Zinsen zurückgezahlt werden, auch wenn in diesem Jahr wegen der Aufräumarbeiten nichts erwirtschaftet werden kann (und natürlich auch ein großer Teil der Kunden abspringen - die Konkurrenz in anderen Gebieten freut sich ja über jeden Auftrag). Da sind die Arbeitsplätze eben auch in Gefahr.
Aber Hilfe bzw. "Nichts" wird zu oft rein materiell gesehen.
Vielleicht erzähle ich dir mal von einer Frau, so als stellvertretende Geschichte für so viele andere, die ähnlich, aber auch ganz anders sind:
Die Frau hatte ein kleines Einzelhandelsgeschäft, lebte in einem anderen Ort mit einem Mann zusammen, der mußte wegen einer Krankheit ins Krankenhaus. Als der Anruf aus dem Krankenhaus kam, sie solle ihn bitte sofort besuchen, wenn sie sich von ihm verabschieden wolle, waren die Straßen schon unpassierbar. In Ihrem Geschäft stand das Wasser bis unter die Decke, ihre Wohnung war auch geflutet, der Mann starb ohne daß sie ihn noch einmal sehen konnte. Irgendwann war das Geschäft wieder offen und irgendwie wohnte sie auch wieder, aber sie lebte nicht mehr wirklich. Jahre später war das Geschäft geschlossen, ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist. "Soviel du brauchst" ist eben nicht nur in Geld zu messen.


Zitat von Fritz7 im Beitrag #20

Ich habe damit dauerhafte Schwierigkeiten, ein permanentes UnwohlSein. Diese dünnlippigen (verbissenen), leidend guckenden Protestanten, denen die ständige Frage, was ihnen zusteht, sich zu nehmen, die Lebensfreude und manchmal auch die Gesundheit nimmt. Ich fürchte, das ist kein guter einziger Lösungsansatz des Zusammenlebens. VERANTWORTUNG ohne konkrete Anwendungssituation scheint mir zu abgehoben, letztendlich spontanes Helfen verhindernd, eine aufrechte Haltung/ Gesinnung wohl auch ...
Natürlich weiß ich, dass ich die "Welt NICHT retten" kann, nicht mal merklich bessern. Aber wenn mein Nächster (Gegenüber) (mit dem ichs gerade zu tun habe) NOT leidet, will sagen, das, was er für das hält, was und wieviel er braucht, dann versuche ich etwas abzugeben, soweit und wie ich vermag. Das hat für mich NICHTS damit zu tun, ob ichs für mich für erstrebenswert, lebensnotwendig oder sinnvoll halte, ob ich gar selbst weniger hätte ...



Fritz, wo kommt denn das Vorurteil her??
Verantwortung ist immer kongret!
Was du deinem Nächsten gegenüber beschreibst ist doch wahrgenommene Verantwortung.
Ich habe nicht geschrieben, daß Verantwortung der einzige Lösungsansatz ist, aber es ist ein zukunftsweisender Ansatz.
Soforthilfe, nachhaltige Langzeithilfe und vorbeugende Maßnahmen sind ALLES Formen von tätiger Verantwortung.

Gruß
Tarantoga

nach oben springen

#22

RE: Was ich wirklich brauche ...

in Was nicht so recht passen will... 10.06.2013 20:52
von Ria • 41 Beiträge

Hallo an alle,

Zitat von Tarantoga im Beitrag #21
Viele von denen, die zum wiederholten Mal getroffen wurden, haben noch Schulden vom letzten Mal und konnten sich die erhöhte Versicherung nicht mehr leisten, da ist ein Minus, also weniger als Nichts. Nebenbei bemerkt soll ein Teil der Hilfen in Form von Krediten an Unternehmen "möglichst unbürokratisch" ausgezahlt werden, aber ein Kredit muß mit Zinsen zurückgezahlt werden,


Genau dieses Thema gab es auch zum Kirchentag, da wurde von der Vergebung und vor allem dem Erlaß der Schulden im Siebten Jahr gesprochen. Nun sind es zwar keine sieben Jahre, sondern elf Jahre Zwischenzeit. (Bei manchen wiederholten Hochwasserbetroffenen ist die Zeitspanne anders) Trotzdem müßte den Banken und Politikern nahegelegt werden, dass ein Schuldenerlaß für noch nicht getilgte Kredite solcher Hochwasserbetroffenen sinnvoller wäre, als manches Gerede. Hinterher denkt man manchmal, ja, wenn nicht die Wahl vor der Tür stände, dann wäre die Aufmerksamkeit und Hilfsversprechen der Politiker auch so groß, oder?
Einen netten Abend
Ria


Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht. (Václav Havel)

nach oben springen

#23

RE: Was ich wirklich brauche ...

in Was nicht so recht passen will... 11.06.2013 01:08
von A. Clarenbach • 348 Beiträge

Zitat Fritz: Andererseits, es ist stehende Redewendung: "vor dem Nichts stehen", steht ja kaum jemand. Es bleibt trotz allem viel mehr als die meisten Menschen auf der Welt je haben werden. Der Arbeitsplatz, das eigene Leben und das der Angehörigen, die staatlich garantierte Grundsicherung: Jeder wird ganz schnell ein Dach über dem Kopf haben, qualitativ gute Kleidung, Lebensmittel. Die in Hamburg gestrandeten aus Italien kommenden Asylanten haben dies nicht .... Das Schlimme scheint mir nicht das Nichts, sondern der Verlust des Gehabten, das durch externe Gewalt ZurückgeworfenSein gegenüber den eigenen Standards, auch gegenüber dem, was anderen Erhalten blieb´. Das könnte als frustierender wahrgenommen werden, als wenn alle Menschen gleichwertig "NICHTS" hätten. (Zitatende)

Ja, da ist das Gefühl von Ohnmacht und Ausgeliefertsein wohl kaum zu vermeiden bei denen, die besonders betroffen sind. Ein Haus steht aber nicht nur für seinen materiellen Wert, es ist ein Zuhause, mit Erinnerungen verbunden, kann Rückzugsort sein, vielen verhilft es zu einem Gefühl der Unabhängigkeit, wenn das verloren geht/nicht zu retten ist, geht es nicht nur um das Gefühl schlechter dazustehen als andere. Da ist etwas unwiederbringlich verloren, wie in der traurigen Geschichte, die Tarantoga erzählt hat.

Zweifelsohne ist es auch gut, dass es die Grundsicherung gibt, aber ich wünsche niemandem darauf zurückgreifen zu müssen, da sie mit einem Bürgertum 2. Klasse verbunden ist. (ich erwähne das immer wieder gerne, weil ja kaum ein Mensch in diesem Land das noch thematisiert und ein Interesse daran hat, an dem System etwas zu ändern)

Vergessen wird auch oft, dass es schon Todesopfer gegeben hat, weil man offensichtlich nicht genügend Maßnahmen gegen das Hochwasser ergriffen hat, ich sah im TV einen Bauern, der seine 100 Kühe erschossen hat, um ihnen den Tod durch Ertrinken zu ersparen.

@ Fritz: Was im Angesicht deiner "schmallippigen" Protestanten ganz untergeht, ist der Aspekt, dass Geben ja durchaus auch den Gebenden bereichern kann.


nach oben springen

#24

RE: Was ich wirklich brauche ...

in Was nicht so recht passen will... 26.06.2013 12:18
von Fritz7 • 687 Beiträge

Zitat von A. Clarenbach im Beitrag #23


1. Ja, da ist das Gefühl von Ohnmacht und Ausgeliefertsein wohl kaum zu vermeiden bei denen, die besonders betroffen sind. Ein Haus steht aber nicht nur für seinen materiellen Wert, es ist ein Zuhause, mit Erinnerungen verbunden, kann Rückzugsort sein, vielen verhilft es zu einem Gefühl der Unabhängigkeit, wenn das verloren geht/nicht zu retten ist, geht es nicht nur um das Gefühl schlechter dazustehen als andere. Da ist etwas unwiederbringlich verloren

2. Zweifelsohne ist es auch gut, dass es die Grundsicherung gibt, aber ich wünsche niemandem darauf zurückgreifen zu müssen, da sie mit einem Bürgertum 2. Klasse verbunden ist. (ich erwähne das immer wieder gerne, weil ja kaum ein Mensch in diesem Land das noch thematisiert und ein Interesse daran hat, an dem System etwas zu ändern)

3. Vergessen wird auch oft, dass es schon Todesopfer gegeben hat, weil man offensichtlich nicht genügend Maßnahmen gegen das Hochwasser ergriffen hat,

4. ich sah im TV einen Bauern, der seine 100 Kühe erschossen hat, um ihnen den Tod durch Ertrinken zu ersparen.

5. @ Fritz: Was im Angesicht deiner "schmallippigen" Protestanten ganz untergeht, ist der Aspekt, dass Geben ja durchaus auch den Gebenden bereichern kann.



Hallo Andrea, hallo alle,

zu1) DESHALB ist es mir so wichtig, zu unterscheiden zwischen "Soviel du brauchst" aus eigenen Mitteln, eigener Kraft, eigener freier Entscheidung einerseits und dem externen Zumessen durch andere Menschen oder Mächte andererseits. Es sind völlig unterschiedliche Sachverhalte.
Wobei ich persönlich als Landwirt eben das der Natur und ihren Extremen Ausgeliefertsein wesentlich besser aushalten kann als (auch wohlmeinenden) Menschen, Behörden etc und ihrer Willkür und ihren manchmal nicht als sachdienlich oder unvermeidlich zu erkennenden Entscheidungen bzw Fehlentscheidungen. Dass man Menschen in dem Irrglauben belassen hat, nach einer sog. "Jahrhundertflut wäre 100 Jahre Ruhe, ist für mich eine davon, dass in Ostdeutschland, speziell Sachsen-Anhalt ganz wenig an ökologischem Hochwasserschutz geschehen ist und NUR auf ufernahe Eindeichung gesetzt wurde eine andere ... Dass die Entschädigungen nun an dem identischen Wieder-Aufbau an gleichem (weiter überschwemmungsgefährdeten) Ort gebunden sein soll, ist mir gänzlich unverständlich und nahe an krimineller Verführung ...

Zu 2) Grundsicherung hatte ich eigentlich nicht technich-fachlich im Sinne vom Sozialgesetzbuch gemeint sondern offener menschlich als Bereitstellung einer Not-Hilfe. Dass ich mich nicht immer wieder gegen die Unmenschlichkeiten etc. von Hartz IV, Sozialgeld oder Grundsicherung zu Wort gemeldet hätte, lasse ich mir nicht vorwerfen. Es ist schlicht unrichtig ...

Zu 3) auch mit "genügend" Maßnahmen ist das NIE auszuschließen. Dass es Verlust an Leben oder Gesundheit (Leib und Seele) durch Fehlverhalten und Unterlassungen von Verantwortliche gegeben haben mag, DAS ist auch mir unerträglich ...

Zu 4) Als ehem. Kuh-Bauer habe ich da so meine Bauchschmerzen, wie da Abballern als Tierschutz vor vermeidbarem Leiden medial dargestellt wird. objektiv sollte es fachlich bessere Lösungen geben. Aber ich will auch nicht über Verzweiflungstaten im seelischer Ausnahmesituation aus der Ferne urteilen. Ich weiß nicht, was ich selbst in der Lage getan hätte. Schießen wohl nicht ...

Zu 5) Ich verkenne NICHT, dass Geben den Spender bereichert, aber das kann nicht das Wichtige sein ... sondern die Hilfe ... und es erklärt oder rechtfertigt imho nicht protestantische Freudlosigkeit und Leidens-Geilheit ... Da haben Menschen schlicht einen (Kirchen-)Knall ... Ich behaupte ja nicht, das alle Protestanten davon infiziert seien ... aber imho viel zu viele zu ihrem eigenen Schaden und Gott auch nicht zugute ...

Die beiden abstrakten Kernbegriffe VERANTWORTUNG und SICHERHEIT, die als Pflichten, Bedürfnisse und Motivationen im Zusammenhang mit "Soviel du brauchst" auch im Katastrophenkontext auftauchten, die geben mir weiterhin zu knabbern ... und ich kann noch nicht vernünftig dazu eigene Stellung beziehen ..

Fritz


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
Altes Brot ist nicht hart, gar kein Brot - das ist hart!

nach oben springen


Besucher
0 Mitglieder und 1 Gast sind Online

Forum Statistiken
Das Forum hat 469 Themen und 4543 Beiträge.