#1

Christliche Begegnungstage Wroclaw 2014

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 10.07.2014 10:27
von Tarantoga • 413 Beiträge

Hallo Ihr

seit Montag will ich euch von den „Christliche Begegnungstage Mittel- und Osteuropa“ in Wroclaw vom 4. bis 6. Juli 2014 unter dem Thema „Frei sein in Christus“ (Gal. 5,1) erzählen.
Es waren sehr gute Tage, ein gelungenes und anspruchsvolles Programm, hervoragende Organisation und ein passender Ort. Es waren reichlich 3000 Dauerteilnehmer, die in Studentenwohnheimen Quartier fanden. Von der Planung her (Übersetzung, Beteiligung an Bibelarbeiten, Gottesdiensten, Podiumsdiskussionen, Foren, Workshops, Konzerte) waren Teilnehmer aus Polen, Tschechien, Slovakei, Ungarn, Ukraine, Russland, Deutschland da, aber auch Östereich, und die Schweiz waren vertreten und unter den Teilnehmern waren wohl auch noch andere.
Was die Ökumene betrifft waren da die verschiedensten evangelischen Kirchen mit ihren Bischöfen oder Synodalen vertreten, wenig andere Konfessionen (orthodox, ukrainisch-katholisch . . .). Ich wußte garnicht, was es alles an verschiedenen evangelischen Kirchen hier gibt. Die römisch-katholische Kirche habe ich nicht wahrgenommen, ich weiß nicht warum; ob sie nicht eingeladen war oder ob sie eine Mitarbeit abgelehnt hat, vermutlich war sie nie bei den Begegnungstagen dabei.
Die Begegnungstage fanden in der „Jahrhunderthalle“ statt, ein großes Kongress- und Tagungszentrum, dadurch war alles konzentriert und athmosphärisch (ganz anders als in Bratislava oder Dresden) allerdings hat die Stadt von diesem Kirchentag auch wenig mitbekommen (das war in Bratislava anders).
Genug der Vorrede. Um es nicht zu lang zu machen nur noch einige Erlebnissplitter:
Die Eröffnungsveranstaltung wurde im polnischen Fernsehen live übertragen. Überhaupt wurde mir deutlich, wie hoch der Stellenwert dieser Begegnungstage in den Ländern ist, in denen die evangelischen Kirchen eine verschwindende Minderheit bilden. (In Dresden gingen die Begegnungstage völlig unter, wurden von niemand wirklich wahrgenommen.) Bei all den Reden, verschiedenen Chören, Begrüßungen und so weiter war der eigentliche Höhepunkt der Eröffung das gemeinsam in allen Sprachen gesungene „Ein feste Burg“. Es wurde im Stehen gesungen, im Tempo einer Hymne, mit der Innigkeit eines Schwures und der Ernsthaftigkeit eines Bekenntnisses.
Das war sehr beeindruckend!
Zum Tagesabschluß erlebten wir ein Wasserspiel mit Musik und farbigem Licht, da wurde eine Geschichte erzählt, man sah Geister tanzen, Zwerge streiten, Riesen marschieren, die Befreiung einer Taube und noch mehr. Es war unbeschrieblich, ich habe so etwas noch nie erlebt.

Am Sonnabend gab es Programm für Kinder und Jugendliche (das ich nicht besuchte) und 7 Bibelarbeiten. Ich war bei Pfrin Barbara Heyse-Schäfer aus Östereich. Ein Satz zu Gal 5,1-6 ist mir besonders hängengeblieben: wir können uns das Joch besser vorstellen, als die Freiheit vom Joch.
In einem späteren Vortrag sagte Prof. Jerzy Buzek aus Polen u. a.: die jetzige Krise in Europa ist eine Krise der Werte. Es war ein Fehler, die Wirtschaft von der Moral zu befreien. Wirtschaft braucht Moral, und die Gesellschaft braucht Menschen die ehrlich, würdevoll und besonnen sind.

Vom Markt der Möglichkeiten erzähle ich vielleicht später noch. Die vielen Konzerte am Abend habe ich geschwänzt.
Der Abschlußgottesdienst mit Abendmahl gab mit den gemeinsamen Liedern und Gebeten ein Gefühl für die weltweite Gemeinschaft im Glauben.

Am Sonntag waren wir in Legnica zum Gottesdienst, weil es auf unserem Heimweg lag. Wie in Bratislava hatten sich die Bischöfe auf die Gottesdienste am Sonntag aufgeteilt. Wir hörten Bischof Dr. Markus Dröge. In seiner Predigt zu Gal. 5,1-6 sagte er unter anderem nach einer Erinnerung an den Kriegsbeginn vor 100 Jahren und den Beginn des Kampfes der Solidarnosc vor 35 Jahren: Die Polen haben die innere Freiheit auf uns Deutsche zuzugehen und uns zu vergeben. Diese Freiheit ist Geschenk aber auch aktives Tun.
In dieser großen Kirche erschien mir das vielsprachige Glaubensbekenntnis wie die Umkehrung von Babel: wir sprechen verschiedene Sprachen, aber wir verstehen uns.

Die nächsten Begegnungstage sind Anfang Juli 2016 in Budapest geplant.
So Gott will werde ich hinfahren.

Euch eine gute Zeit
Tarantoga

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#2

RE: Christliche Begegnungstage Wroclaw 2014

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 13.07.2014 19:55
von A. Clarenbach • 348 Beiträge

Hallo Tarantoga,

danke, dass du uns an deinen Erlebnissen teilhaben lässt. Diese Zeilen habe ich besonders gerne gelesen:

„Ein feste Burg“. Es wurde im Stehen gesungen, im Tempo einer Hymne, mit der Innigkeit eines Schwures und der Ernsthaftigkeit eines Bekenntnisses.

Eine solche Ergriffenheit findet sich ja in diesen Tagen sonst fast ausschließlich in Fußballstadien ...

Es grüßt dich

Andrea


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#3

RE: Christliche Begegnungstage Wroclaw 2014

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 21.07.2014 11:51
von Fritz7 • 687 Beiträge

Hallo

Zitat
„Ein feste Burg“. Es wurde im Stehen gesungen, im Tempo einer Hymne, mit der Innigkeit eines Schwures und der Ernsthaftigkeit eines Bekenntnisses.

Eine solche Ergriffenheit findet sich ja in diesen Tagen sonst fast ausschließlich in Fußballstadien ...



Polen mögen besser mit Emotionalität umgehen können ... In D gleitets imho zuu leicht in nationalistische Überheblichkeit ab ..., "Deutschland über alles"-Stimmung ...

Deutsche Protestanten brauchen weder einen starken Mann an der Spitze noch eine emotionale Hymne, richtige oder falsche Schüre und trotzige martialische Bekenntnisse gegen ... .
Und deshalb bekomme ich Bauchgrimmen bei Luthers Reformationslied, die Melodie bei irgendeinem Kriegslied geklaut, womöglich noch schwülstig gesungen, inszeniert wie Zapfenstreich ... Das ist Kirchlichkeit, an der ich nicht teilhaben kann. Bei Fußball sowieso ... aber das ist andere Baustelle ...

Fritz


"Pro Multi - Er lädt Alle ein!" (zu Brot & Kelch) Mt 26,28 parr

Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
Altes Brot ist nicht hart, gar kein Brot - das ist hart!
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#4

RE: Christliche Begegnungstage Wroclaw 2014

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 21.07.2014 19:26
von A. Clarenbach • 348 Beiträge

Hallo Fritz,

nun mal ehrlich, Krieg in Israel (ich bin so wütend), Krieg in der Ukraine und in Syrien und du witterst überbordenden deutschen Nationalismus anlässlich christlicher Begegnungstage in Wroclaw, wenn Protestanten "Ein feste Burg ist unser Gott" singen.

Man muss dieses 500 Jahre alte Lied nicht mögen, aber das Glauben ganz ohne Emotionalität auskommt, das wage ich zu bezweifeln.

Ich frage mich auch, warum das Wort Ergriffenheit mittlerweile so einen negativen Beigeschmack hat, so aus der Zeit gefallen klingt.

Andrea


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#5

RE: Christliche Begegnungstage Wroclaw 2014

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 22.07.2014 09:17
von Fritz7 • 687 Beiträge

Nein, nicht in Polen ... aber wenns in D. ähnlich emotionalisierend inszeniert würde, dann schon ... Ich mags schlicht nicht ... Und ich mag keine freiwabernde Emotionalität in Kirchlichem, auch nicht in Massensport-Events ... Mir bleibts suspekt.

Genannte Kriege machen mich eher traurig als wirklich wütend, weils keine unmilitärischen Mittel zu geben scheint, sie zu verhindern oder schnell zu beenden.
Wütend macht mich eher unser Bundespräsident mit seiner vernebelnden Kriegsbefürwortung. Kriege auch deutscher Soldaten und deutscher Waffenexport in internationaler Eingebundenheit ist eben keine Polizei- oder Justiz-Aktion, auch keine geschützte Entwicklungshilfe ... Es wird eben nicht nur Gerechtigkeit aufgerichtet, sondern (überwiegend Zivile) Menschen getötet. Oft ist nicht erkennbar, dass danach Frieden und Gerechtigkeit besser dran wären ...
Und Kirche scheint bei alledem so ätzend leise bzw. stimmenlos.

Fritz


"Pro Multi - Er lädt Alle ein!" (zu Brot & Kelch) Mt 26,28 parr

Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
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Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
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zuletzt bearbeitet 22.07.2014 09:27 | nach oben springen


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