#1

Initiative Kirche von Unten

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 09.07.2010 14:55
von JmE • 204 Beiträge

Moin ihrs,
über eine andere Tätigkeit bin ich mit der "Initiative Kirche von unten" IKvu verbunden. Hier findet ihr das Profil dieser Initiative: http://ikvu.de/html/profil/profil.html und hier die Homepage http://www.ikvu.de/ In einigen Bereichen überschneiden sich unsere Wünsche mit denen der IKvu. Ich fand deren Aktionen z.B. auf dem Ökumenischen Kirchentag in München sehr gut.
Fröhliche Grüße
JmE :-)




edit 08.11.2012: Der Verfasser einiger Beiträge dieses Threats, Bernd OFS, hat seinen Account löschen lassen und besteht darauf, daß seine Beiträge gemäß der AGB zum Zeitpunkt des Beginns seiner Mitgliedschaft hier im Forum gelöscht werden. Dadurch sind die Gespräche nicht mehr vollständig nachvollziehbar. Ich bitte das beim Lesen und Reagieren zu beachten.

Tarantoga
Admin


zuletzt bearbeitet 08.11.2012 21:18 | nach oben springen

#2

RE: Initiative Kirche von Unten

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 09.07.2010 18:41
von Fritz7 • 687 Beiträge

Soo exakt kenne ich mich vom protestantischen Rand auch nicht mit den r-k Reformgruppen aus und ihren Strukturen.
Wie unterscheidet sich IKvu von der anderen KirchenVolksbewegung "Wir sind Kirche"? http://www.wirsindkirche.de/ und wieviel geht dazu zusammen bzw. in Konkurrenz?

fritz


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

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#3

RE: Initiative Kirche von Unten

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 11.07.2010 00:52
von Fritz7 • 687 Beiträge

Aach, Bernd,
für die allermeisten Katholiken und Evangelen ist sie das längst, die katholisch-evangelische Gemeinschaft. Das ist doch den Theologen in 500 Jahren nicht gelungen, den Unterschied wirklich allegmein verständlich zu machen.
Im übrigen, der interkonfessionelle Begriffskrieg bedarf auch eigentlich verstänlicherer Begründung.
Ebenso, wie ich gelernt habe, dass ich als Lutheraner durchaus mich als katholisch verstehen kann im Wortsinne, würde ich auch den meisten Katholiken nicht absprechen, evangelisch zu sein im Wortsinne "zum Evangelium gehörig, am Evangelium orientiert"
Die Anmaßung, sich den Begriff "Evangelisch" exklusiv anzueignen und damit für andere zu versperren, ist eine Irrreise der Landeskirchen, unbegründbar und nicht zu rechtfertigen.

Katholische Reformgruppen haben gerade durch ihr standhaftes Festhalten an ihrer r-k kirchenzugehörigkeit trotz Anfeidungen und Entfremdungen sich nachhaltig meinen Respekt verdient. Daran ändern systematisch-theoretische Mängel gar nichts. Die Kritiker müssen OHNE Apparat nicht fundierter sein als der Apparat in 2000 Jahren es geschafft hat.

Und ökumenisch sind protestantische Kirchen schon vom Kernauftrag her, unvermeidlich, sonst wären sie schlechte Protestanten und ALLE haben Gastrecht und sind willkommen, wenn auch manchmal beschwerlich ...

Begriffs- und Definitions-Ökumene ist nur etwas für die, die im Grunde anderes meinen, Anschluss, Übernahme oder so ... Meine Welt ist das nicht, andere hinauszudefinieren, mich selbst umgekehrt auch nicht, solange ich eingeladen bin ... zu was auch immer ;-)

Fritz


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#4

RE: Initiative Kirche von Unten

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 12.07.2010 18:23
von JmE • 204 Beiträge

Hallo Fritz, hallo Bernd, ihr Lieben,
in großen Teilen kann ich dir zustimmen, besonders was die katholischen Reformgruppen betrifft. Eigentlich war das ja auch Luthers Anliegen, er war Katholik und wollte seine Kirche reformieren. Aber das ist ja altbekannt. In ein paar Jahren - 2017 - wird "Fünfhundert Jahre evangelisch" gefeiert. Ob das wirklich ein Grund zum Feiern ist? Mir drängt sich immer mehr der Gedanke auf, dass auch die evangelische Kirche eine Reformation nötig hätte, denn sie hat sich immer mehr instutionalistert und dem Staat angedient. Besonders heftig war das bis in die Nazizeit, siehe "Deutsche Christen", die ihre Ansichten sogar mit Luthers Judenhetze begründen konnten. Heute sind die guten Ansätze der bekennenden Kirche und der Demokratisierung nach dem zweiten Weltkrieg, die Kämpfe zum Beispiel der religiösen Sozialisten und der ArbeiterpfarrerInnen fast wieder vergessen. Große Teile der evangelischen Kirche finden Ernesto Cardenal "igitt bäh bäh", igeln sich ein und würden am liebsten die Kirchentüren komplett verschließen. Kleingeist, Machtdenken und Egoismus herrschen vor.

Ich glaube dass das nicht mehr die Kirche ist die Jesus Christus gemeint hat. Er hat Zöllner und Huren eingeladen, sich um die Armen und Machtlosen gekümmert und den irdischen Besitz abgelehnt. Er hat seine Jünger aufgefordert ohne jegliche Reserven und nur mit Gottvertrauen loszuziehen, da Gott für sie sorgt. Und er hat niemals gesagt dass Gottes reich irgendwo anders ist als hier auf der Erde, bestimmt nicht erst nach dem Tode als "Belohnung". All das finde ich in beiden großen Kirchen nicht mehr wieder.

Die IKvu orientiert sich an der Theologie solcher Menschen wie Ernesto Cardenal http://de.wikipedia.org/wiki/Ernesto_Cardenal,Óscar Romero http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%93scar_Romero und anderen, die in Südamerika wirklich eine Kirche von unten aufgebaut haben. Das jagt ja noch heute den beiden Institutionen großen Schrecken ein.
"Die Bewegung einer "Kirche von unten" hat ihre Wurzeln einerseits im sogenannten kritischen oder Linkskatholizismus, im Linksprotestantismus und in der Friedensbewegung der 20er Jahre, andererseits in der Ökumenischen Bewegung der Nachkriegszeit, in der Öffnung der römisch-katholischen Kirche während des II. Vatikanischen Konzils (1962 - 65) und in der lateinamerikanischen Befreiungstheologie." weiteres auf http://ikvu.de/html/profil/geschichte.html.

Die beiden großen Kirchen in Deutschland sind weg von den Menschen, jedenfalls in ihren Hierarchien und Verwaltungsstrukturen. Die eine oder andere Gemeinde kann noch Hoffnung bieten, doch die beiden "Anstalten des öffentlichen Rechtes" treiben mir immer mehr die Tränen in die Augen, Tränen der Wut! Das zeigt sich auch mal wieder in der Situation rund um evangelisch.de.

Nachdenkliche Grüße
JmE


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#5

RE: Initiative Kirche von Unten

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 12.07.2010 20:13
von Fritz7 • 687 Beiträge

JmE

Zitat
Hallo Fritz, hallo Bernd, ihr Lieben,
in großen Teilen kann ich dir zustimmen, besonders was die katholischen Reformgruppen betrifft.

Hallo JmE, Na sowas begeistert ;-)

WEM in WELCHEN Punkten WIE weit zustimmen, WESHALB und WO nicht, WESHALB? ... und BITTE!!: Wenns, geht, bitte allgemeinverständlich auf Deutsch und bitte in weniger als 20 Minuten ;)

Ich kann nicht erkennen, wo ich betreffs katholischer Reformgruppen und wahrscheinlich auch betreffs formaler Gestaltung meiner Kritik an hierarchisch hochstehenden kirchlichen Amtsträgern mit Bernd auf einen Text kommen könnte, naja vielleicht auch jetzt nicht mehr wollte.

Imho kann Kirche J.C. NUR Kirche von unten sein, formal ist sie das bei den protestantischen Nachfolgern altpreußischer Union, nicht nur bei linksprotestantischen Minderheiten "Synodal-presbyteriale Kirchenverfassung" Die Krux ist die Praxis, die Konflikte in der Umsetzung, bei der wohl einige persönlich zuviel Einfluss, Repräsentationspracht und rel. Selbstherrlichkeit zu verlieren fürchten -Na und?

Kirchenleitungen, die meinen, ihre Selbstdarstellung gestalten, schönen, glätten und optimieren zu können mittels Finanzmittel und PR-Tricks, verdummen und betrügen ggf. die Menschen um die Wahrheit, prostituieren Kirche - und eine solche "Kirche" hat imho damit genau die Authentizität verspielt, die Voraussetzung wäre für auch nur den Versuch von Evangelisation oder Mission. Hier gilt es sich zu entscheiden. Meine Kirche war das dann ... Tut mir leid, da will ich mich nicht weiter krümmen.

Fritz


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zuletzt bearbeitet 12.07.2010 20:19 | nach oben springen

#6

RE: Initiative Kirche von Unten

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 13.07.2010 09:59
von Gislis • 90 Beiträge

Hallo Fritz,
aber Du bleibst doch in der Kirche, oder? Sonst gäbe es ja immer mehr schönende, glättende, optimierende Mitglieder.
Fragt Gislis (ev.de ist für mich nicht Kirche, da es sie nicht repräsentiert, gegenwärtig meine ich: zum Glück).

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#7

RE: Initiative Kirche von Unten

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 13.07.2010 10:27
von Fritz7 • 687 Beiträge

Hallo Gislis, wo sollte ich denn sonst hin? Ist für mich so ähnlich wie mit der Demokratie ...
Viel manchmal sogar berechtigte Kritik, manchmal auch Frust, aber immer noch das, was am besten zu mir passt, das kleinste der angebotenen Übel ... Und sie ertragen gerade von Kirchen-Laien ja vieles sogar an Kritik, auch wenn bisweilen der vielleicht auch nicht immer unberechtigte Eindruck entssteht, dass nur deswegen, weil sie unbepostete Kirchenmenschen kaum wahrnehmen, sicher meistens kaum ernst als erwachsene selbst denkende Menschen.

Communities mit religiöser Gemeinschaftsidee sind für mich immer Kirche, gewiss nicht weniger als das nachmittagliche Kaffekränzchen gelangweilter Frauen im Gemeindehaus nebenan. Und gesamte EKD-Kirche trägt als Kirche (Bund von Kirchen) Verantwortung dafür, dass evangelisch.de so läuft, wie es läuft. Tragen auch gemeinsam alle dafür Verantwortung, wenn Kirche ihren Verkündigungsauftrag in der Welt (das salzende Salz ;)) und ihren Seelsorge- und Diakonieauftrag (nahe bei Menschen zu sein, denen es nicht soo gut geht (auch mit Kirchenstrukturen)) so sehr verfälscht, verfremdet, unkenntlich macht, wie mit dem seltsamen Konzept von evangelisch, ohne theologischen Input dafür aber mit Desinformations- und Manipulationsstrategieen Menschen und Multiplikatoren und Medien etwas unwahres, etwas schöner scheinendes vormachen zu wollen über die doch sehr bescheidene authentische Rolle von Amtskirche. DAS ist Aufgabe von PR-Profis und das scheint mir die begründung für die 6 Mill EUR, die Landeskirchen das Projekt kosten wird für 5 Jahre, mindestens ...
Das leigt nun wirklich nicht an T&M allein.

Nee, ich bleibe schon meiner Kirche erhalten, solange da auch noch einige Menschen arbeiten, deren Rücken zu stärken mir das wert ist. An den Landeskirchenämtern und ihren eigenartig abgehobenem Sein liegts für mich gewiss NICHT! Ich bleibe noch so lange, wie man mich lässt und Einreden wenigstens manchmal bescheidene Wirkung zu haben scheinen.

Fritz


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#8

Tut mir leid: ich will eigentlich nicht evangelisch.de-Streit hierher verlängern.

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 13.07.2010 10:40
von Fritz7 • 687 Beiträge

Es war zuu verführerisch, deswegen immer noch nicht richtig und gut.
Lasst uns hier doch lieber einen möglichst unvorbelasteten, besseren (ökumenisch offenen) Neuanfang strukturieren und planen. Bringt allen mehr ...

1. Technisch -übersichtlich und funktionierend, ist hier wohl hinzubekommen mit ein bisschen Optimierung
2. Redlicher und respektierender Umgang miteinander in Gleichheit (und das darf imho auch Streit sein) Christentum ist KEIn romantisierender HoneyMoon für Verliebte
3. Thematischer Schwerpunkt Kirche und Welt
4. Kirchenoptimiertes auf das Notwendige gestutztes und menschennah formuliertes und demokratisch mehrstufig überprüfbares Regelwerk, nicht etwas, das unverständlich, User benachteigend und Administration selbstherrlich diktatorische Macht zuschanzend ist und ihre Entscheidungen unrevidierbarbar durch Kontroll-Organe. Nichts abgeschriebenes aus gewerblichen Firmen-PR-Konstrukten.
5. Verzicht auf Konfessionszensur und Zensur wegen unvorteilhafter Kirchendarstellung. Verzicht auf Kirchen-Eigen-WERBUNG


Ein Stück praktische Kirche von Unten, nicht nur in der r-k ...

Obs funktioniert, sehen wir alle später, es bedarf sicher großen Einsatz vieler. Und es wird an vielen Stellen mangels Wollen oder können lange unvollkommen bleiben. Auch die institutionalisierte Kirche hat 2000 Jahre gebraucht, so zu werden, wie sie und heut nicht immer gefällt.


Fritz


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zuletzt bearbeitet 13.07.2010 10:57 | nach oben springen

#9

RE: Initiative Kirche von Unten

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 15.08.2010 13:51
von spero † • 59 Beiträge

Sowas wie eine katholisch - evangelische Kirche wird es nie geben, eher schon werden sich die Kirchen auf eine dritte hinzu entwickeln. Fritz schreibt, dass die theologischen Unterschied nicht so groß sind. Das mag sein. Nur, das in Jahrhunderten gewachsene Glaubensverständnis hat sich verschieden entwickelt.
Mit Luthers Aussage nur die Schrift zählt und durch die Abschaffung einiger Missstände, wollte er nur die Kirche reformieren. Damals schon hatte ihn das durch die Kirche geknechtete Volk missverstanden und sah nur ihre Freiheit, zerstörte Kirchen, verfolgten treue Katholiken.(umgekehrt aber auch)
Den Rest erledigten die folgenden Jahrhunderte. Alles was an Tradition übrig war, und was auch Luther noch praktizierte, wurde abgeschafft: die Beichte, die Marineverehrung, das Kreuzzeichen das Knien beim Gebet usw. Allein die Schrift war maßgebend. Und weil die verschieden ausgelegt werden konnte, folgten die einen der Lehre Luthers, andere Calvin und Zwingli, und noch einigen anderen Reformatoren. Die ehemalige Bischöfin Käßmann beklagte sich einmal, ihre Kirche wäre zu sehr verkopft.
Die katholische Kirche entwickelte sich anders. Ich weiß nicht ob es zu meiner Zeit eine Bibel gab, die Lutherbibel war verpönt, und ich erinnere mich nicht dass in meiner Kinderzeit jemand eine Bibel hatte. Der Katechismus war die Pflichtlektüre der Katholiken, zur Erhaltung der Tradition und zur Auslegung der Schrift. Das dumme Volk könnte sie ja missverstehen. Ja, es gab Ausnahmen, aber in der Regel war es so.
Das zweite vatikanische Konzil sollte die katholische Kirche reformieren und öffnen. Ihr Initiator Papst Johannes XXIII sagter er wolle die Fenster weit aufmachen, um den Hl. Geist reinzulassen. Heute gibt es Konservative die die Fenster wieder zumachen wollen, sie sagen: es zieht.
Heute nähern sich die Kirchen an: Katholiken haben Bibelkreise, studieren die Schrift, sehen plötzlich den Zusammenhang von Tradition und Schrift, ganz im ursprünglichen Sinne Luthers.
Evangelische Christen besuchen Klöster, lernen Kontemplation kennen, Und kommen dem Sinn traditioneller Übungen wieder nahe. In vielen Dingen beginnen sie sich zu ergänzen.
Aber Traditionalisten auf beiden Seiten versuchen das zu verhindern.Sie fürchten hauptsächlich ihre Identität zu verlieren. Katholische Konservative wollen zurück im das vorkonziliare Zeitalter. Ihnen ist alles zu evangelische,
Evangelisch Konservative fürchten das Katholische wie der Teufel das Weihwasser. Alte Ressentiments werden ausgegraben (auf beiden Seiten) und wie eine Fahne voraus getragen.

Das beste Beispiel für gelungene Ökumene ist für mich die Bruderschaft von Taizè, die bis in unsere Gemeinden hineinwirkt.
Schade , ich werde nicht mehr erleben wer gewinnt: Die nach Einheit und Frieden streben, oder die "frommen" Bremser
spero


suscipe me domine
Obl. OSB

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#10

RE: Aufeinander zu bewegen, Reichtümer teilen

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 15.08.2010 16:24
von Coriander • 334 Beiträge

Zitat
Heute nähern sich die Kirchen an: Katholiken haben Bibelkreise, studieren die Schrift, sehen plötzlich den Zusammenhang von Tradition und Schrift, ganz im ursprünglichen Sinne Luthers.
Evangelische Christen besuchen Klöster, lernen Kontemplation kennen, Und kommen dem Sinn traditioneller Übungen wieder nahe. In vielen Dingen beginnen sie sich zu ergänzen.
Aber Traditionalisten auf beiden Seiten versuchen das zu verhindern.Sie fürchten hauptsächlich ihre Identität zu verlieren.



Wir waren 2003 in einer katholischen Kirche zu einer Theateraufführung (Soloauftritt einer wunderbaren Schauspielerin, die das ganze Buch Tobit darstellte, sehr fromm und sehr humorvoll). Anlass war das 15-jährige Bestehen des örtlichen Bibelkreises. Die katholischen Brüder und Schwestern freuten sich so über diese Möglichkeit, gemeinsam selbst die Bibel zu lesen! Mir wurde es in dem Augenblick erst klar, wie jung diese Tradition in der katholischen Kirche ist, und wir haben uns kräftig mitgefreut.

Einmal haben wir mit dem katholischen Chor gemeinsam eine schöne Messe einstudiert und am Samstag abend in der katholischen Kirche gesungen, am Sonntag morgen dann im evangelischen Gottesdienst. Nach den ersten vom Chor gesungenen Stücken gings bei den Katholiken stracks in die Eucharistiefeier über; wir waren mit Zettelchen ausgestattet worden für die weitere gesungene Liturgie. Ich hab kurz drübergeguckt, dachte mir: alles voll normal, und habe so respondiert, wie ich das kannte. Erstaunte Nachfrage einer evangelischen Mitsängerin, woher ich das denn alles könnte? Ich bin damit aufgewachsen. War fast alles ganz normal lutherisch.
Ich würd ja auch Psalmen singen, aber dann ticken sie hier aus :-)

Meine Überzeugung ist, dass man keine Angst haben muss, Profil zu verlieren, wenn man seine Reichtümer teilt und voneinander lernt.

Übrigens, von der Beichte hielt Luther viel. Sie ist als Möglichkeit in der evanglischen Kirche auch vorhanden, wird aber, vor allem in der Form der Einzelbeichte, selten genutzt. Im Gottesdienst, wie ich ihn in der Kindheit kannte, gab es ein gemeinsames Schuldbekenntnis mit Lossprechung. Wie jeder einzelne dieses Bekenntnis füllt, bleibt ihm überlassen.

Coriander


zuletzt bearbeitet 15.08.2010 16:26 | nach oben springen

#11

RE: Aufeinander zu bewegen, Reichtümer teilen

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 16.08.2010 15:32
von spero † • 59 Beiträge

Meine Überzeugung ist, dass man keine Angst haben muss, Profil zu verlieren, wenn man seine Reichtümer teilt und voneinander lernt.
Das mein ich auch. Im Übrigen war Luther "katholischer" als die Lutheraner heute.
Er sagte auch: Beginne deinen Tag mit einem Kreuzzeichen.
Was ich bis heute nicht ganz verstehe: Wenn es um Bibelgespräche geht, nehmen wir Katholiken meist die vier Eyangelien, das Leben und die Lehre Jesu.
Evangelische Christen lesen überwiegend die Briefe Paulus und das AT. Ich habe sogar erlebt dass bibeltreue evangelische Christen, Teile aus den Evangelien gar nicht kannten.
Dies ist keine Kritik, ich wüßte nur gerne die Gründe.
spero


suscipe me domine
Obl. OSB

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#12

RE: Nur Paulus und AT?

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 16.08.2010 18:02
von Coriander • 334 Beiträge

Zitat von spero
Was ich bis heute nicht ganz verstehe: Wenn es um Bibelgespräche geht, nehmen wir Katholiken meist die vier Eyangelien, das Leben und die Lehre Jesu.
Evangelische Christen lesen überwiegend die Briefe Paulus und das AT. Ich habe sogar erlebt dass bibeltreue evangelische Christen, Teile aus den Evangelien gar nicht kannten.
spero



Erstaunliche Beobachtung. Mir ist so etwas bisher nicht aufgefallen. Allerdings kenne ich auch kaum jemanden persönlich, der sich selbst als "bibeltreu" bezeichnet, und ich weiß natürlich nicht, was die Menschen, mit denen Du zu tun hattest, unter "bibeltreu" verstanden. Das Wort ist ja ein bisschen belastet. Nach meinem subjektiven Eindruck gibt es im AT und bei Paulus (wenn man ihn selektiv genug liest) tendenziell mehr, womit einfach und autoritär strukturierte Persönlichkeiten meinen, andere das Fürchten lehren und sich in ihren Lebenswandel einmischen zu können. Sehr schade sowas.

Nun gibt es ja andere, die meinen, das ganze AT einfach vernachlässigen zu können. (Legt der Gideon-Bund eigentlich komplette Bibeln in die Nachtkästchen der Hotels?? ich glaube nicht!) Nur mit NT und Psalmen wird man aber Jesus und seiner frohen Botschaft auch nicht gerecht, meine ich. Immerhin war die Thora sein heiliges Buch; wir haben keinen Grund, es gering zu schätzen; und es ist nicht "überholt", weil's das NT gibt. Zugleich glaube ich, dass wir uns nicht versündigen, wenn wir das AT von Christus her und auf Christus hin lesen. (Ich habe schon gelesen, wir dürften keine Psalmen beten, weil es unverschämt sei, sie den Juden "wegzunehmen". Das denke ich nicht.)

Mir ist klar, dass ich jetzt unter Umständen Dresche kriege

Gruß,
Coriander


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#13

RE: Aufeinander zu bewegen, Reichtümer teilen

in Ökumene: Fragen, Antworten, Gedanken 16.08.2010 19:31
von Fritz7 • 687 Beiträge

Zitat von spero
Im Übrigen war Luther "katholischer" als die Lutheraner heute.
Er sagte auch: Beginne deinen Tag mit einem Kreuzzeichen.

Kann man imho nicht so generell sagen.
Zunächst: JEDES ev. Abendmahl hat einen Beicht-/Buß-Teil, nur meistens sehr elementarisiert, breit entfaltet aber ebenso möglich. Heiligen-Verehrung ist bis heute ebensowenig OUT für Evangelen wie das bekreuzigen, nur traditionell ais Profil-Neurosen etwas in den Hintergrund geraten. DA liegen die grundsätzlichen Unterschiede nicht. Lutheraner heute sind nicht die Kirche Luthers vor 500 Jahren, ebensowenig wie Katholiken heute gleich sind mit der vorreformatorischen Kirche, es hat sich auch katholisch ganz vieles verändert, u.a. auch durch Impulse der Reformation (Stichworte Gegenreformation, Konzil von Trient, 1. +2. Vatikanum, Befreiungstheologie, Arbeiter-Priester)
Lutheraner sind auch nicht monolitisch einheitlich, schon gar nicht alles kleine "Luthers" und sie werden gemeindlich auch beeinflusst vom Umfeld durch Assimilation und betonte Abgrenzung in Diaspora-Regionen, viel weniger Mauern ziehend in Mischgebieten oder Dominanz-Regionen.

Zitat von Spero
Wenn es um Bibelgespräche geht, nehmen wir Katholiken meist die vier Eyangelien, das Leben und die Lehre Jesu.
Evangelische Christen lesen überwiegend die Briefe Paulus und das AT. Ich habe sogar erlebt dass bibeltreue evangelische Christen, Teile aus den Evangelien gar nicht kannten.

Ob ich die eine Patent-Antwort bieten kann, glaube ich nicht, aber vielleicht ein Anfang:
Evangelien waren katholisch schon vorvatikanisch allgemein verfügbar, da gabs auch dt. Übersetzungen weit vor Luther ... Die GANZE Bibel ist für alle Katholiken erst mit dem Vaticanum 2 freigegeben ... und vielleicht immer noch nicht soo üblich, weil auch in kath. Pfarrerausbildung vernachlässigt. Ein verpflichtendes Biblicum, eine umfassende bibelkundliche Einführung in die ganze Bibel scheints nur in ev. Theologie zu geben. In der evangelischen Leseordnung kommt das AT immer noch ziemlich knapp weg, die Teile aus der Septuaginta entfallen ganz (Such mir mal jemand einen evang. Tobit/Tobias-Kommentar oder eine Predigtsammlung mit nennenswerter Anzahl von Hohelied-Predigten) Evangelien und Paulus-Briefe sind stark überrepräsentiert, auch der hintere Teil des NT scheint eher vernachlässigt (strohene ichtung
Bei den Sektierern und auch den Pietisten scheinen die hinteren NT-(und geringer AT)Bücher Kultcharakter zu haben, alles was mit Johannes anfängt und alles apokalyptische ... Interessenrichtung "Angstmache" ... auch wenn das nun nicht allen gefällt.

Die Gideons unterscheiden sich nicht soo sehr von der früheren evangelischen auch lutherischen Praxis. Alte gesangs-/Betbücher enthalten neben Liedern, Kleinen Katechismus, Psalmen, Sprüche, Evangelien, Paulus-Episteln, seltener auch den Rest des NT ... Das war offensichtlich Praxis über Jahrhunderte, nur daraus wurde auch gepredigt ...

Fritz


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Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
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