#1

Ich wollt, ich hätt ein Huhn

in Küche & Rezepte 03.02.2013 21:30
von Coriander • 334 Beiträge

Aber ich hatte ja gerade eins. Eigentlich ein Hähnchen, noch eigentlicher ein halbes Hähnchen (Gewicht: ca. 1,3 kg). Einen Bio-Gockel, der wird so groß. Und dem haben wir als Sonntagsfestessen folgendermaßen Ehre angetan.

Das Rezept stammt aus "The healthy Jewish cookbook" von Michael van Straten. Das habe ich mir vor Jahren von einer Chorreise nach England mitgebracht (antiquarisch, 1 wohl angelegtes GBP). Der Autor ist ein aus Presse, Funk und Fernsehen bekannter Gesundheitsapostel mit internationalen jüdischen Wurzeln, der hier seiner Familie ein sehr liebevolles Denkmal setzt. "Boulangère Potatoes" verdanke ich ihm, Kartoffeln nach Bäckerinnenart also, die hatte ich auf ev.de mal zum Thema Fastenzeit vorgestellt (Kartoffelscheiben mit Zwiebeln, Knoblauch und Thymian im Ofen in Brühe gegart, eine schöne Alternative zur Käse-Sahne-Orgie des klassischen Gratin Dauphinois und im Gegensatz zu diesem in der koscheren Küche als Beilage zu Fleischgerichten geeignet.)

Nun also:
Hähnchen in Orangensauce
6 dicke Hähnchenschenkel, enthäutet
Saft und fein gewiegte Schale von 2 großen Orangen
2 TL Kurkuma
1 TL schwarzer Pfeffer
3 EL Olivenöl
1 Zwiebel, fein gehackt
2 Knoblauchzehen, fein gehackt
200 ml Hühnerbrühe (selbst gemacht oder Fertigprodukt)
150 g Champignons, in Scheiben geschnitten
3 große Stengel Estragon (hier tut's auch getrockneter)

Hühnerteile mit Orangensaft und -schale, Kurkuma und Pfeffer in eine große Schüssel geben, gut vermischen und zugedeckt im Kühlschrank marinieren (mindestens zwei Stunden oder über Nacht).
Öl in einem Bräter oder einer feuerfesten Form erhitzen, Zwiebel und Knoblauch andünsten, bis sie eben weich zu werden beginnen. Hühnerteile aus der Marinade nehmen und in der Form rasch von allen Seiten bräunen, dabei häufig wenden. Marinade und Brühe hinzufügen und zum Sieden bringen. Pilze und Estragon darauf. Bei geringer Hitze in etwa 45 Minuten garen.

Das war's auch schon. Das Rezept erwähnt kein Salz und verlangt nach einer nicht zu salzigen Brühe von guter Qualität. Ich konnte mir das mal wieder nicht denken und habe die Teile doch mit etwas Salz bestreut. Hat nicht geschadet, war aber vermutlich wirklich nicht notwendig.
Enthäuten hat seinen tiefen Sinn; die Geschichte wäre sonst fettig ohne Ende geworden. Ich habe natürlich meinen halben Hahn in Portionsstücke zerlegt. (Keine Sorge, das Fett wird ausgelassen und die Haut gebraten ...)
Wenn das aussieht wie sehr viel Sauce: Das ist auch sehr viel Sauce. Aber nicht zu viel. Ich habe sie mit 1 TL Speisestärke ganz leicht gebunden. Mit Kartoffelknödeln kommt man ihr leicht bei. Es ist nur schwierig aufzuhören, bevor sie alle ist.

Van Stratens Beilagenvorschläge waren übrigens: Lauch mit Gewürzen in Olivenöl (von mir noch nicht getestet, und ich hätte gern jungen Lauch dafür) oder Stampfkartoffeln mit Olivenöl und glatter Petersilie.

Wenn ihr mal an ein wirklich gutes Hähnchen geratet: das ist eine Art, damit fertig zu werden.

Genießerische Grüße
Coriander


Das sind die wahren Wunder der Technik, dass sie das, wofür sie entschädigt, auch wirklich kaputt macht. (Karl Kraus)

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#2

RE: Ich wollt, ich hätt ein Huhn

in Küche & Rezepte 08.02.2013 17:41
von kreuzpatsch • 423 Beiträge

Hört sich wirklich sehr lecker an! Danke Coriander!

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#3

RE: Ich wollt, ich hätt ein Huhn

in Küche & Rezepte 08.02.2013 20:14
von A. Clarenbach • 348 Beiträge

Wie lange müssen die Kartoffeln denn im Ofen garen?

Mit semivegetarischen Grüßen

Andrea


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#4

RE: Kartoffeln nach Bäckerinnen-Art (Boulangère Potatoes)

in Küche & Rezepte 09.02.2013 21:23
von Coriander • 334 Beiträge

Liebe Andrea,

es hängt sicher von der Kartoffelsorte ab, wohl auch von der Dicke der Scheibchen, aber im Großen und ganzen werden es so bei 40 Minuten sein, ähnlich wie beim Gratin halt. Das Gericht ist aber tolerant gegen Stress und Unvorgesehenes in der heißen Phase, wenn kurz vorm Servieren das Telefon klingelt. Der Einfachheit halber zitiere ich einen Beitrag, den ich vor annähernd zwei Jahren auf ev.de gebracht habe.

Gestern gab es hier zum Fisch (das war TK-Backfisch vom Discounter) "Boulangère Potatoes", also etwa "Kartoffeln nach Bäckerinnen-Art". Gefunden in "The Healthy Jewish Cookbook" von Michael van Straten.

Etwa 2 EL Olivenöl, 3 mittlere Zwiebeln in feine Scheiben geschnitten, 700 g alte Kartoffeln in sehr dünne Scheiben geschnitten, 2 Lorbeerblätter (halbiert), 1 feingehackte Knoblauchzehe, 2 EL Thymianblätter (wenn getrockneter Thymian, dann eher sehr viel weniger!), 700 ml vernünftige Brühe (eigentlich Huhn - oder Rind oder Gemüse oder die, die man noch im Gefrierschrank hatte, bitte keine Diskussion!), schwarzer Pfeffer.

Backofen auf 220° vorheizen. Zwiebelscheiben in etwas Öl glasig dünsten. Große Auflaufform mit Öl auspinseln, Zwiebeln darin verteilen. Kartoffelscheiben lagenweise darüber schichten, mit Knoblauch, Lorbeerblatt und Thymian dazwischen. Mit Brühe aufgießen, großzügig mit der Pfeffermühle drübergehen. 35 (bis 45) Minuten im Ofen backen; falls nötig, zwischendurch die Kartoffeln in die Brühe stupsen.

Da zieht die Brühe in die Kartoffeln, lieber Captain, fast wie bei Omas Salat.


Egal in welchem Forum, die Verfressenen finden immer ihre Ecke.

Morgen gibt es Blootwooosch, Kölsch ... ah, ne, Himmel un Äd.

Alaaf :-)

Coriander


Das sind die wahren Wunder der Technik, dass sie das, wofür sie entschädigt, auch wirklich kaputt macht. (Karl Kraus)

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#5

RE: Kartoffeln nach Bäckerinnen-Art (Boulangère Potatoes)

in Küche & Rezepte 09.02.2013 22:12
von kreuzpatsch • 423 Beiträge

By the way, Coriander: haben sie wieder geschaufelt ?

Helau!
kreuzpatsch


zuletzt bearbeitet 09.02.2013 22:13 | nach oben springen

#6

RE: Kartoffeln nach Bäckerinnen-Art (Boulangère Potatoes)

in Küche & Rezepte 09.02.2013 23:13
von A. Clarenbach • 348 Beiträge

Vielen Dank für die Infos.

Alloah!

Andrea


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#7

RE: Kartoffeln nach Bäckerinnen-Art (Boulangère Potatoes)

in Küche & Rezepte 09.02.2013 23:17
von A. Clarenbach • 348 Beiträge

Muss natürlich "Aloha" heißen (räusper).


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#8

RE: Himmel und Erde ... hmm ...

in Küche & Rezepte 10.02.2013 10:12
von Fritz7 • 687 Beiträge

Zitat von Coriander im Beitrag #4
Morgen gibt es Blootwooosch, Kölsch ... ah, ne, Himmel un Äd
Ich dachte, die Blutwurst heißt
Flönz in Klöln? Ist wohl kein koscheres Rezept aus deinem jüdischen Kochbuch? Blut ist out ...

Zitat
Wä Flönz käuf, dä hät noch lang kein richtije kölsche Blotwoosch. Dat muß he ens jesaat wäde, domet dat Jedöns öm dä “kölsche Kaviar” obhöt. En allebeidse, en der Flönz un en der Blotwoosch, es verhaftich dat selve dren, nämlich Blod vun der Sau un Speckwürfele. ävver – die Flönz weed bloß jekoch un die Blotwoosch weed jeräuch.

Dä Ungerschied zwesche Flönz un Blotwoosch kammer allt richtich föhle, wammer se käuf: Die Flönz es wabbelich wie ene Pudding un die Blotwoosch es staatsstief wie en Kummelejonskäz. Un vill mieh schwatz wie rut. Un wammer der Woosch dat Fell aftrick un se en de Pann häut för se zo brode, dann weed die Flönz ene unappetitlije Matsch un die Blotwoosch hält de Fijur. Wie es et no eijentlich dozo jekumme, dat sujar kölsche Minsche Blotwoosch un Flönz off jenoch verwäßele?

Dat es janz einfach:
Vör bal hundert Johr däte die Kölsche alle Wooschstätzjer, die vum Metzjer janz bellich verkauf woote, Flönz nenne. Wooschzippele, alsu Flönz, dät mer för dr Hungk kaufe, wammer sich nit blamiere wollt. Un dozo jitt et ene ahle kölsche Wetz, wie dä Fitzemann en de Metzjerei kütt un sät: ” Ich hätt jän für zwei Jrosche Flönz för dr Hungk – ävver kein Fleischwoosch dobei, die maach minge Vatter nit.”

Alsu: Flönz wor domols dä Usdrock för de beilichste Woosch. Un su wor dat och noch em eeschte Weltkreech un em zweite ehts räch. Do wor se janz besonders jefroch, denn mer moot duför bloß de halve Fleischmarke afjevve.

Su wood alsu de Blotwoosch zor Flönz. ävver eins kom noch dobei: Die Minsche, die en all denne Johre vun Jot-weiß-nit-woher noh Kölle jekumme sin, die kunnte all nit Blotwoosch sage. Dat Woot wor zo schwer für ihr Schnüß. Un do han se för Blotwoosch einfach Flönz jesaat, sintemolen se dat och usspreche kunnte, wann se en sächsische udder en schlesische Zung hatten. Un desderwäjen han mer Kölsche hückzedags dä Durjenander met Flönz un Blotwoosch.


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
Altes Brot ist nicht hart, gar kein Brot - das ist hart!

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#9

RE: Himmel und Erde ... hmm ...

in Küche & Rezepte 10.02.2013 15:10
von kreuzpatsch • 423 Beiträge

Ei dange, Fritz, dass mer nu all de Unnerschied zwische Blotwoosch un Flönz gewahr worde sein

kreuzpatsch

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#10

RE: Himmel und Erde ... hmm ...

in Küche & Rezepte 10.02.2013 17:16
von Fritz7 • 687 Beiträge

Zitat von kreuzpatsch im Beitrag #9
Ei dange, Fritz, dass mer nu all de Unnerschied zwische Blotwoosch un Flönz gewahr worde sein

Na, KLASSE!!!
Hier regional kenne ich nur im Plattdeutsch "Rotwost", "Blautwost" und mit reichlich Roggenmehl verlängert zum Anbraten "Wöpkenbrot bzw. Möppkenbrot", alle imho nicht wirklich Delikatessen, aber unverzichtbar.
Und nun schalte ich wohl besser bis mindestens Mittwoch ab, Karneval scheint der natürliche Feind des Humors ...
ob nun in regional westdeutschen und südwestdeutschen Dialekten oder deren angeblich massentauglichen Fernseh-Begradigungen ...

Fritz


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#11

RE: Danke, Fritz

in Küche & Rezepte 10.02.2013 17:31
von Coriander • 334 Beiträge

Zitat von Fritz7 im Beitrag #8
Ich dachte, die Blutwurst heißt Flönz in Klöln? Ist wohl kein koscheres Rezept aus deinem jüdischen Kochbuch?

Ist es auch nicht. Ich mache sehr gern Anleihen bei diversen Küchen der Welt, und so auch bei der rheinischen.
Und ich hatte, der Jahreszeit entsprechend, einen hiesigen modernen Klassiker zitiert:
http://www.youtube.com/watch?v=n0mVxa13j18

Zitat
Wä Flönz käuf, dä hät noch lang kein richtije kölsche Blotwoosch.
... desderwäjen han mer Kölsche hückzedags dä Durjenander met Flönz un Blotwoosch.


Das war sehr aufschlussreich

Gruß,

Coriander
(die jetzt auf ein Kölsch in die Scheune muss)


Das sind die wahren Wunder der Technik, dass sie das, wofür sie entschädigt, auch wirklich kaputt macht. (Karl Kraus)

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#12

RE: Himmel und Erde ... hmm ...

in Küche & Rezepte 10.02.2013 19:46
von JmE • 204 Beiträge

Leeven Fritz,
dat häs du ävver schön jemaat, do han esch als Jung vun d'r Schääl Sick och noch jett jeliert. Ich ben jo iher ene Bergische Boor als en Kölsche Jung, weil esch in Müllem am Ring jeboore ben. Un m'r Buuretrampel bruchen och ens en Belierung vun usserhalvs. Joot dat dat ens ne ächte Boor jemaat hätt!
Vun Hätze
Ech
(JmE)


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#13

RE: Ich wollt, ich hätt ein Huhn

in Küche & Rezepte 13.02.2013 18:40
von Fritz7 • 687 Beiträge

Zitat von A. Clarenbach im Beitrag #3
Mit semivegetarischen Grüßen

Ebensolche Grüße zurück!
"Semivegetarisch" scheint mir ein genialer Begriff! So vielseitig verwendungsfähig ohne anzuecken ...

Vom semivegetarischen Spaghetti bolognese oder Nürnberger Würsteln mit Kartoffelpüree bis zu Bratkartoffeln mit Speck ;-))
Ich bin überzeugter "Sättigungsbeilagen"+"Grünfutter"-Esser (mit was dazu ...) semi ... weils schmeckt ...

Fritz


Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Stanisław Jerzy Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts! (Bischof Jacques Gailot, Diözese Partenia)
Jesus ist nicht gekommen, die Menschen frommer zu machen, sondern die Frommen menschlicher! (Paul M. Zulehner)
Altes Brot ist nicht hart, gar kein Brot - das ist hart!

zuletzt bearbeitet 13.02.2013 18:42 | nach oben springen


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